MUSTER
Wir haben Visionen
MACHEN
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Das will ich! (Judith)
Wer passt, was ich leisten will, warum ebene N ebene N heißt. Ich sag's mit einem (ausführlichen) Zitat:

>> Was zum Teufel geht hier vor, dachte ich mir, als mir die kurzlebige Zeitschrift Beach Culture zum ersten Mal begegnete. Wer liest so etwas Verrücktes? Erscheint sie nicht an der falschen Stelle? Richtet sie sich nicht ans falsche Publikum? Sie gibt vor, populär zu sein, ohne sich anzubiedern. Passt derart radikales Design wirklich zu Surfern? Oder sind Surfer etwa cleverer als ich dachte? Gut, aus Südkalifornien kamen so verrückte Sachen wie Kustom Kars und Low Riders, beides Beispiele für populäres, schön radikales, aber unnützes Design. Vielleicht war Beach Culture auf einem ähnlichen Trip. Popkultur, doch viel revolutionärer als die Kunst. (...) Mir fiel auf, dass auch Rockmusik inzwischen dumpf und altmodisch auf der Stelle trat und die populären Magazine bereits zum Partystil verkommen waren. Sie wollten aufregend sein, aber ihr Horizont war beschränkt und hatte sich immer mehr zur Vorgartenidylle entwickelt. Und genau da wollten wir wieder raus!

Dann erschien Ray Gun und wieder derselbe Typ: David Carson! (...) Das Design wieder ganz cool! Und plötzlich machte einen die visuelle Sprache an – wie Rock'n Roll. Selbst Leser schickten Illustrationen, Bilder, Skizzen. Das war kein ausgerasteter Designer, sondern eher ein Katalysator, der erkannte, was viele fühlten: Die Abgrenzung zwischen den professionellen Musikern/Künstlern und der Welt der Amateure wurde fließend.
Jahrzehntelang hatten öffentlich geförderte Kunstprogramme vergeblich versucht, Kunst unter's Volk zu bringen. Museen und Bildungsorganisationen scheiterten bei dem Versuch, die Massen zu erleuchten: bis die Massen diese Aufgabe schließlich selbst übernahmen – unbemerkt und in anderer Form. Mit Gitarren und gedruckten Fantasien, mit Kustom Kars, Surfboards und Skateboards. David Carsons Arbeitsstil ist ein gutes Beispiel für McLuhans These, dass ein Kommunikationsmedium zur Kunstform wird, wenn es seine ursprüngliche Bedeutung verloren hat. Druckerzeugnisse wie Bücher, Zeitschriften und Tageszeitungen mutieren zu Ikonen, Skulpturen und Texturen. Sie werden zu Kommunikatoren einer anderen Ordnung.
Wenn seine ursprüngliche Kommunikationsform von anderen (heute elektronischen) Medien übernommen wird, beschränkt sich die Rolle des Printmediums nicht länger nur auf das Nachrichtenübertragen. Es bekommt oder nimmt sich einfach, wie in diesem Fall, Freiheiten, von denen kein Weg zurückführt. Das Druckmedium scheint wie neugeboren, auferstanden als etwas noch nicht Definierbares. Tot ist es noch lange nicht. Eine Mutation hat stattgefunden. Davids Arbeit entwickelt eine eigene Sprache. Auf einer Ebene jenseits vom Wort. Auf einer Ebene, die die logischen und verstandesmäßigen Zonen des Gehirns umgeht und sich an Seiten in uns wendet, die verstehen, ohne zu denken. Seine Sprache funktioniert wie Musik – sie schleicht sich ein, bevor sie jemand an den Grenzen stoppen kann und nach Ausweispapieren fragt. <<

(David Byrne; NYC, 1995 in The End of Print von David Carson)

Fotos: © Judith Tüch